Dienstag, 7. April 2015
Drinnen, Draußen und sie
Wer sich viel in sozialen Netzwerken aufhält, weiß, was geht. Und noch wichtiger: was nicht geht. Wolfskin-Jacke geht gar nicht. Partnerlook auch nicht. Könnte man ja gleich mit Socken in Sandalen vor die Tür treten.

Nun ist es aber so, dass Menschen, die sich viel in sozialen Netzwerken aufhalten, weniger die Rausgeher sind. Darum brauchen sie kaum, was früher Anorak hieß. Als man einen für gut hatte und einen zum Spielen. Irgendwann war dann der für gut der zum Spielen und der zum Spielen entweder am kleinen Bruder oder zerfallen.

Solche Sachen nennt man inzwischen Outdoor-Bekleidung, wobei Outdoor vor allem für Wetter steht, vornehmlich schlechtes, das es angeblich nicht gibt, nur falsche Kleidung. Weshalb Wolfskin-Jacken eigentlich sehr richtig sind, sie sehen nur sehr falsch aus.

Was kann man erwarten von einem Anorak, der „DENALI TEXAPORE JKT W“ heißt? In diesem Fall, dass er 239,95 Euro kostet und in den Farben „Moos Green“ sowie „Azalea Red“ vorgehalten wird. Auf Twitter oder gar Facebook sollte man sich damit besser nicht blicken lassen.

Auf Ischia auch nicht. Dort ist das Wetter ungefähr so wie hier, einziger Unterschied: Die Kanzlerin macht Osterurlaub. Mit Mann. Und mit Mütze, denn sie hat (ist sie doch ein bisschen eine von uns?) „mit dem Wetter“ kein „Glück“. So hat es Spiegel Online öffentlich gemacht, bevor Text und Fotos Sekunden später in den Netzwerken geteilte Aufmerksamkeit auf sich zogen.

„Grau in grau begann am Samstag der Osterurlaub von Angela Merkel in Italien. Der Himmel hatte die Farbe von Blei, und die Wellen hatten einen Grauton, der das Mittelmeer fast germanisch erscheinen ließ“ heißt es – nicht in „Post von Wagner“, sondern noch immer bei SpOn, einen Reporter der örtlichen Zeitung "Il Mattino" zitierend. Daran anschließend wird das „Besichtigungsprogramm“ referiert wie weiland die Gastgeschenke der Honeckers auf Staatsbesuch. Ein bisschen Wetterinfo gibt es auch und dann einen Satz, der Hoffnung auf verhüllte Ironie aufflackern lässt: „Die Überfahrt vom Festland auf die Mittelmeerinsel mit der Fähre ,Maria Buono' war etwas unruhig - aber nicht sehr.“

Eigentlich geht es um die Fotos. Wer Merkel mit Sauer in Funktionswäsche hat, der will das auch zeigen. Und zwar sehr. Zu komisch, wie „die beiden“ unter dem Schild „Aphrodite Apollon“ das Gegenteil abgeben. Wobei es sich weder um einen Tabledance Lounge noch um ein Fitnesststudio handelt, sondern um ein Thermalbad, in dem sie „ein paar Stunden“ verbracht haben. Weiß jemand, wie sehr?

Wer's nicht gesehen hat: Die Kanzlerin trägt Wolfskin. In einer Art Weiß. So etwas tut man in Deutschland, Freiheit hin, Funktion her, nicht unkommentiert. Auch nicht, wenn man es in Italien tut. Nicht auszudenken, wenn die Sonne geschienen und die Merkelin sich nur ins „SUNBURY OC T-SHIRT“ in der Farbgebung „Limonade“ geworfen hätte. Die sozialen Netzwerke wären komplett aus dem Häuschen gewesen. Regelrecht outdoor. JB

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