Sonntag, 5. April 2015
Halleluja
Vielleicht ist es, weil der Papst jetzt twittert. Seinen 500. Tweet gab er heute: "Christus ist auferstanden! Christus lebt und geht mit uns!" Gut, das ist nicht neu. Was soll er auch sagen an einem Tag wie diesem. Jedenfalls nichts von Ohrfeigen und auch nichts vom Fortpflanzungsverhalten der Kaninchen. Die kommen heute nur an Rosmarinkartoffeln vor.

Man kann dem Papst auf Twitter folgen. Er selbst folgt nur sich selbst, dafür aber in 8 Sprachen. Das würde ja auch wenig religöse Mitmenschen irritieren, eine Nachricht im Postfach: "Der Papst (@pontifex_de) folgt Dir jetzt auf Twitter!" Halleluja.

Neulich, da schrieb er: "Als Jünger Christi ist es uns nicht möglich, dass wir uns nicht um das Wohl der Schwächsten kümmern." Zu jener Zeit sorgten sich Pegida-Demonstranten schon auf ihre Weise um das Abendland und liefen dem Glauben wie auch dem Verstand davon. Gestern hat in Tröglitz ein Flüchtlingsheim gebrannt, im vernachlässigten Osten, wie eine Erklärung rasch zur Hand war. Im gottlosen Osten - das hätte noch gefehlt.

"Biedermänner in Magdeburg, Brandstifter in Tröglitz", twitterte am Abend André Bücker. Die künftigen Ex-Intendanten sind derzeit die Aufständigen im Land. Bücker und Latchinian an den Theatern in Dessau und Rostock, entlassen, weil sie Kulturabbau nicht hinnehmen. Castorf und Peymann in Berlin, weil sie Castorf und Peymann sind. "Hütet Euch vor Bequemlichkeit!", hat der Papst getwittert: "Wenn wir es uns bequem machen, vergessen wir leicht die anderen."

Der Pontifex ist nichts für jeden Tag, dafür gibt es die "Herrnhuter Losungen", für Atheisten auch als eine Art Horoskop zu verwenden. Derzeit liegt die 285. Ausgabe auf dem Nachtschrank. Wahrscheinlich Spätfolge einer Erziehung, die das religöse Erbe, die Rituale des Glaubens ausgespart hat.

Sich eine Bibel zu kaufen, gehörte in den 80ern in atheistischen Familien zur Pubertät. Das kleine grüne Bändchen nur, es war ja ein sehr kleiner Widerstand.
Heute steht die kommentierte große Ausgabe bei den Lexika. Neben Harenbergs Schauspielführer. Über Karl Kraus und unter dem, was im Buchhandel gern als "Komische Literatur" eingeordnet wird. Theater, Sprache und Satire, Wissen, Kunst und Religion. Kaum zu glauben, dass der Zufall dieses Regal sortiert hat.

Max Frischs "Biedermann und die Brandstifter", auf das Bücker anspielt, ist ein "Lehrstück ohne Lehre", steht im Schauspielführer. Es geht um Feigheit und Verblendung eines Bürgers, der die Brandstifter selbst ins Haus holt. Und: "Auf den deutschsprachigen Bühnen ist das Stück seit Beginn der 90er Jahre wieder besonders präsent."

In Rom sagt Franziskus: Die Liebe hat den Hass überwunden, das Leben den Tod besiegt, das Licht die Finsternis vertrieben.
Das kann man glauben, mehr noch hoffen, vor allem kann man versuchen, es zu leben. Frohe Ostern! JB

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